Unnötige Fettnäpfchen, die Rollstuhlfahrer nur zu gut kennen
Eigentlich ist doch niemand ein großer Fan von Klischees. Es handelt sich meistens um allgemein verbreitete Trugschlüsse, denen wir alle nur zu gerne ein Ende setzen würden. Das Gleiche kann man natürlich über alle falschen Stereotypen sagen, mit denen Menschen mit Behinderung oft assoziiert werden. So finden Sie im Folgenden meine „Top 5“ der mich am meisten ärgernden Verhaltensweisen, mit denen ich mich auf meinen Abenteuerreisen herumschlagen musste!
Annehmen, dass man taub ist
Das regt mich wirklich wahnsinnig auf. Ich habe keine Ahnung, welche Gründe es dafür gibt oder warum Menschen den Drang dazu verspüren – es ist jedoch verblüffend, wie oft jemand seine Stimme hebt, wenn er mit mir spricht, nur weil er denkt, ich sitze nicht nur im Rollstuhl, sondern bin noch dazu schwerhörig. Vielleicht meinen sie, dass ich schlechter höre, weil ich weiter unten bin? Was auch immer sie meinen: es nervt und ich wünschte, die Menschen hielten es nicht für nötig.
Einen beglückwünschen, weil man das Haus verlassen hat
Nichts ist beleidigender, als wenn eine Person mittleren Alters in einer Bar auf dich zukommt und dir gratuliert, weil du das Haus verlassen hast und es schaffst, dich mit Freunden zu treffen. Als ob es eine Mega-Meisterleistung wäre, dass du es geschafft hast, die Schwelle deiner Haustür zu überqueren. Einfach unnötig und beschämend.
Ich lebe mein Leben wie jeder andere, warum also müssen Sie mich anders behandeln? Sie würden auch nicht Ihrem Freund auf die Schulter klopfen, wenn Sie ihn in einem Einkaufszentrum abhängen und den Tag verbummeln sehen, oder? Also spart euch die Glückwünsche bitte für eine Situation, in der wir sie uns wirklich verdient haben.
Davon ausgehen, dass man sämtliche anderen behinderten Personen kennt
Noch so ein allgemeiner Irrglaube liegt vor, wenn Leute, die dich in einem Rollstuhl sehen, automatisch davon ausgehen, dass du zufällig jede andere Person in der Gegend kennst, die auch im Rollstuhl sitzt. Nein Mann, ich kenne deinen 14-jährigen Cousin mit Hüftproblemen nicht. So läuft Behindert-Sein nicht. Es ist kein exklusiver Club, dem wir alle beitreten und Mitgliedschaft zahlen.
Annehmen, dass jemand anderer für dich spricht
Nichts ist schlimmer als wenn jemand auf dich zukommt und Anstalten macht, dich anzusprechen, nur um sich dann nicht an dich, sondern an die Person zu wenden, die neben dir steht – in der Annahme, dass du nicht fähig bist, selbst eine Unterhaltung zu führen. Diese Situation findet sich auch an der Kasse wieder, wenn – und das habe ich alles schon erlebt – ich einem Kassierer Geld gegeben habe, um etwas zu bezahlen, und dieser das Wechselgeld dann einem Freund neben mir gibt. So etwas bringt mich zur Weißglut.
Einem erzählen, dass man selbst schon mal im Rollstuhl gesessen hat
Ähnlich wie die Frage, ob ich jeden anderen Rollstuhlfahrer im Ort kenne, nervt es auch sehr, wenn jemand annimmt, ich will hören, dass jemand selbst mal ein paar Monate im Rollstuhl saß, weil er sich beim Fußballspielen oder Sonstigem das Bein gebrochen hat. Und wenn schon? Was soll ich mit dieser Information anfangen? Denken Sie, das interessiert mich? Was hat das Ganze mit mir zu tun? Ach, das kam Ihnen nur in den Sinn, weil ich behindert bin und Sie denken, Sie können plötzlich nachempfinden, wie es mir geht, und fragen sich nicht, ob ich Ihr Mitgefühl überhaupt nötig habe?
Ist schon gut, Leute, tut mir leid. Diese Bemerkungen waren etwas giftig, ich weiß. Ich hoffe jedoch, Sie hatten Spaß beim Lesen und kennen manche dieser Situationen vielleicht selbst? Oder Sie haben noch schlimmere Erfahrungen gemacht, von denen Sie uns berichten könnten?
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